06/07/2021 | Nachrichten | Honorierungssysteme und GOZ

Delegierbare Leistungen bei PZR und PAR-Behandlung

Die Bayerische Landezahnärztekammer zu Grundsätzen und juristischen Grenzen

Zahnärztliche Leistungen heißen so, weil sie nicht von Berufsfremden erbracht und abgerechnet werden dürfen, sondern nur von Zahnärzten. Der Zahnarzt kann nicht jede Aufgabe in seiner Praxis selbst erledigen und hat deshalb die Möglichkeit, Tätigkeiten an dafür qualifizierte Mitarbeiter/-innen mit abgeschlossener Ausbildung wie Zahnmedizinische Fachangestellte (ZFA), Zahnmedizinische Prophylaxe-Assistent/-innen (ZMP) oder Dental-Hygieniker/-innen (DH) zu delegieren. Dieser Artikel informiert über Grundsätze und juristische Grenzen im Hinblick auf PZR und PAR.

Die zahnärztliche Berufsausübung hat sich in den vergangenen 30 Jahren gewandelt, die „Helferin“ von damals hat sich differenziert, strukturiert fortgebildet und steht heute international an der Spitze. Während dieser Zeit hat sich die Prophylaxe in allen Praxen etabliert und ist für die Patienten unverzichtbar. Die neue PAR-Richtlinie trägt dem in der GKV Rechnung. Die etablierte Professionelle Zahnreinigung (PZR) ist ein wissenschaftlich anerkanntes, hochwirksames Instrument zum Erhalt der Zahngesundheit – eine klassische Prophylaxeleistung! Die regelmäßige PZR soll Parodontitis verhindern. Die neue Unterstützende Parodontaltherapie (UPT) ist dagegen ein Instrument zur Sicherung des Langzeiterfolges der Maßnahmen, die bereits bei einem an Parodontitis Erkrankten durchgeführt wurden, – eine klassische Therapiemaßnahme!

Sowohl bei PZR als auch bei PAR sind unter Beachtung der berufsrechtlichen Bestimmungen Teile von Leistungsinhalten an qualifiziertes Fachpersonal delegierbar. Die vollständige Leistungserbringung und damit die Berechnungsfähigkeit einer Gebührennummer der GOZ oder des Bema setzt jedoch ein persönliches Tätigwerden des Zahnarztes voraus. Der Umfang dieser zahnärztlichen Tätigkeit an der Leistung richtet sich nach der klinischen Situation.

Vereinzelt wurden Befürchtungen geäußert, dass bei Parodontalbehandlungen, die nach dem 1. Juli 2021 nach der neuen PAR-Richtlinie durchgeführt werden, keine (Teil-)Leistungen mehr delegierbar sind. Eines vorab: Dem ist nicht so! Auch unter den Bedingungen der neuen PAR-Richtlinie wird es delegierbare Leistungen geben! Vereinfacht kann man formulieren: „Was vorher (unter den Bedingungen der bisherigen Richtlinie) delegierbar war, wird auch künftig (unter den Bedingungen der neuen Richtlinie) delegierbar sein!

Was darf delegiert werden?

Im Zahnheilkundegesetz § 1 Abs. 5 werden die Leistungen, die approbierte Zahnärzte in den Bereichen Prophylaxe und Parodontal-Behandlung insbesondere delegieren können, genau aufgelistet:

  • Herstellung von Röntgenaufnahmen
  • Entfernung von weichen und harten sowie klinisch erreichbaren subgingivalen Belägen
  • Füllungspolituren
  • Legen und Entfernen provisorischer Verschlüsse
  • Herstellung provisorischer Kronen und Brücken
  • Herstellung von Situationsabdrücken
  • Trockenlegen des Arbeitsfeldes relativ und absolut
  • Erklärung der Ursache von Karies und Parodontopathien
  • Hinweise zu zahngesunder Ernährung
  • Hinweise zu häuslichen Fluoridierungsmaßnahmen
  • Motivation zu zweckmäßiger Mundhygiene
  • Demonstration und praktische Übungen zur Mundhygiene
  • Remotivation
  • Einfärben der Zähne
  • Erstellen von Plaque-Indizes
  • Erstellung von Blutungs-Indizes
  • Kariesrisikobestimmung
  • Lokale Fluoridierung zum Beispiel mit Lack oder Gel
  • Versiegelung von kariesfreien Fissuren

In keinem Fall delegierbar sind zum Beispiel die Diagnosestellung, die Aufklärung über Prophylaxe-/Therapieoptionen und die Kontrolle des Ergebnisses. Das sind ureigene zahnärztliche Aufgaben, auch bei nichtinvasiven Eingriffen!

Es empfiehlt sich, den Patienten vor der Behandlung genau darüber aufzuklären, welche der Maßnahmen delegiert werden.

Worauf muss bei Delegation geachtet werden?

  • Die Mitarbeiterin ist zur Erbringung der Leistung qualifiziert.
  • Der Zahnarzt überzeugt sich persönlich von der Qualifikation der Mitarbeiterin.
  • Der Zahnarzt ordnet die konkrete Leistung an (Anordnung).
  • Der Zahnarzt erteilt die fachliche Weisung (Weisung).
  • Der Zahnarzt überwacht und kontrolliert die Ausführung (Aufsicht).
  • Dem Patienten ist bewusst, dass es sich um eine delegierte Leistung handelt.
  • Der Zahnarzt ist für die delegierte Leistung in gleicher Weise persönlich verantwortlich und haftet für diese in gleicher Weise wie für eine persönlich erbrachte Leistung (Verantwortung).

Der Zahnarzt hat demnach den Einsatzrahmen für jede seiner Mitarbeiterinnen individuell festzulegen und dies möglichst schriftlich zu dokumentieren, wie auch Anordnungen für den konkreten Behandlungsfall zu treffen. Während des Einsatzes muss der Zahnarzt jederzeit für Rückfragen, Korrekturen oder bei Komplikationen zur Verfügung stehen. Im Rahmen seiner Aufsichtspflicht muss er überwachen, dass seine Mitarbeiterinnen seine Anordnungen und Weisungen beachten, den festgelegten Rahmen nicht überschreiten und die Tätigkeit insgesamt ordnungsgemäß durchführen. Bei Beendigung des Einsatzes kontrolliert der Zahnarzt im konkreten Einzelfall die Ordnungsmäßigkeit der Leistung und trifft alle weiteren Anordnungen. Insgesamt begleitet damit der Zahnarzt vom Anfang der Anordnung bis zum Ende des Einsatzes das Tätigwerden seiner Mitarbeiterinnen. Die Einhaltung dieser Delegationsgrundsätze stellt zugleich eine Maßnahme wirksamer Qualitätssicherung in der zahnärztlichen Praxis dar.

GOZ 4070 und 4075 bzw. Antiinfektiöse Therapie (AIT)

Die Leistungsbeschreibung der GOZ-Positionen 4070 und 4075 lautet: „parodontal- chirurgische Therapie (insbesondere Entfernung subgingivaler Konkremente und Wurzelglättung), geschlossenes Vorgehen“. Deshalb muss differenziert werden, ob es sich im konkreten Fall um eine chirurgische Maßnahme (z.B. Wurzelglättung) handelt (kann nicht delegiert werden) oder um das Entfernen von klinisch erreichbaren subgingivalen Konkrementen (kann, weil im Delegationsrahmen der Bundeszahnärztekammer erfasst, delegiert werden). Über die Entfernung klinisch erreichbarer Konkremente hinaus können dann chirurgische Maßnahmen nicht delegiert werden (Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 1. September 2004, Az. L 5 KA 3947/03).

Die Antiinfektiöse Therapie (AIT) dient der Beseitigung entzündlicher Prozesse. Blutung, beziehungsweise Suppuration auf Sondierung sollen weitgehend eliminiert werden. Dabei werden im Rahmen eines geschlossenen Vorgehens bei Zahnfleischtaschen mit einer Sondierungstiefe von vier Millimetern und mehr alle supragingivalen und klinisch erreichbaren subgingivalen weichen und harten Beläge (Biofilm und Konkremente) entfernt.

Sind nach der nichtinvasiven Entfernung aller supragingivalen und klinisch erreichbaren subgingivalen weichen und harten Beläge durch eine qualifizierte Mitarbeiterin bei der Kontrolle durch den Zahnarzt keine weiteren Maßnahmen notwendig, so ist die Leistung erbracht. Stellt der Zahnarzt jedoch fest, dass tiefer gelegene Konkremente chirurgisch entfernt werden müssen oder eine chirurgische Wurzelglättung erforderlich ist, muss er diese Teile der Leistungen selbst erbringen.

Faktor bei delegierten Leistungen

Die Berechnung von Gebühren ist klar in der GOZ unter § 4 Abs. 2 geregelt: „Der Zahnarzt kann Gebühren nur für selbstständige zahnärztliche Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden (eigene Leistungen).“ Somit sind auch delegierte Maßnahmen zahnärztliche Leistungen und können bemessen nach Zeitaufwand, Schwierigkeit und Umstände innerhalb des Gebührenrahmens (1- bis 3,5-fach) berechnet werden.

Haftung

Für Leistungen, die der Zahnarzt an seine Mitarbeiter delegiert, haftet er, als hätte er sie selbst erbracht. Ohne Anweisung des Zahnarztes dürfen zahnärztliche Leistungen nicht erbracht werden. Das Landgericht Stuttgart (09.08.2008 – 16 Os 49/08) verurteilte eine Firma, in der eine selbstständige Zahnkosmetikerin (ausgebildete ZFA) Zahnreinigungen durchführte. Das Gericht begründete den Beschluss damit, dass die Zahnreinigung mittels Pulverstrahlgerät Teil der Zahnheilkunde ist und von einem Zahnarzt überwacht werden muss. Diese Voraussetzung war in diesem Fall nicht gegeben.

Fazit

Werden delegierbare (Teil-)Leistungen von einer dafür qualifizierten Mitarbeiterin erbracht, muss der Zahnarzt während dieser Behandlung jederzeit für Rückfragen zur Verfügung stehen. Er muss seiner Aufsichtspflicht nachkommen und überprüfen, dass der Delegationsrahmen nicht überschritten und die Tätigkeit ordnungsgemäß durchgeführt wird. Ist die Behandlung beendet, kontrolliert der Zahnarzt das Ergebnis. Eine genaue Dokumentation der Behandlung ist zwingend notwendig.

Christian Berger
Präsident der BLZK

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BZB 7-8/2021, S. 14-18

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