09/26/2023 | Nachrichten | BLZK, Vorstand

3 Fragen an das Vorstandsmitglied Prof. Dr. Kerstin Galler

Vorstellung des BLZK-Vorstands 2022-2026

Wer sind die „Neuen“ im Vorstand der Bayerischen Landeszahnärztekammer? Warum engagieren sie sich ehrenamtlich für ihre Kolleginnen und Kollegen? Welche Lösungsansätze verfolgen sie bei den wichtigsten standespolitischen Problemfeldern? In der Serie „3 Fragen an …“ im Bayerischen Zahnärzteblatt (BZB) kommen die neugewählten Vorstandsmitglieder der Berufsvertretung der bayerischen Zahnärzte zu Wort – in diesem Monat Prof. Dr. Kerstin Galler.

BZB: Die zahnärztliche Selbstverwaltung lebt vor allem vom ehrenamtlichen Engagement. Wie sind Sie zur Standespolitik gekommen und was motiviert Sie, sich für Ihren Berufsstand einzusetzen?

Galler: Als Vertreterin der Hochschulen ist mein Aufgabenbereich im Vorstand und die Perspektive auf die Standespolitik sicherlich etwas anders als die der übrigen Vorstandsmitglieder. Prinzipiell finde ich es sinnvoll und richtig, diese Perspektive in die Arbeit der Kammern einzubringen und einen Vertreter der Hochschulen als geborenes Vorstandsmitglied miteinzubeziehen. Die täglichen Herausforderungen, mit denen sich Zahnärztinnen und Zahnärzte im niedergelassenen Bereich beziehungsweise an der Universität konfrontiert sehen, sind in einigen Bereichen ähnlich, in anderen wiederum sehr unterschiedlich. Obgleich an den bayerischen Hochschulen kein Versorgungsauftrag besteht und die Strukturen hinsichtlich der Patientenversorgung sicher etwas anders sind als in der Praxis, lassen sich überlappende Problematiken erkennen. Gemeinsam betroffen sind wir vom Fachkräftemangel, einem Thema, das die BLZK derzeit offensiv angeht. Die Bereiche Forschung und Lehre spielen natürlich an der Universität eine zentrale Rolle.

Seit dem Ende meiner Assistenzzeit in der Praxis bin ich mittlerweile über 20 Jahre an der Hochschule tätig, lange Zeit am Universitätsklinikum in Regensburg, seit 2021 in der Klinik für Zahnerhaltung und Parodontologie am Universitätsklinikum Erlangen.

Während die Tätigkeit im akademischen Umfeld sehr vielfältig ist und die Aufgaben eine große Bandbreite umfassen, nimmt naturgemäß der Lehrbetrieb einen wesentlichen Teil der Arbeit ein. Zahnmedizinerinnen und Zahnmediziner möglichst strukturiert und gut auszubilden, ihnen umfassende theoretische und praktische Lehrinhalte zu vermitteln und die Arbeit am Patienten bereits während des Studiums in größerem Umfang zu ermöglichen, sind komplexe Aufgaben, die mit einem hohen organisatorischen, zeitlichen und personellen Aufwand verbunden sind.

Die Verflechtung der drei Kernbereiche der akademischen Tätigkeit in der Medizin, nämlich Lehre, Forschung und Krankenversorgung, die an den deutschen Universitätskliniken gelebt wird, bietet sehr gute Voraussetzungen für eine fundierte Ausbildung unseres Nachwuchses. Einerseits wird gewährleistet, dass das Lehrpersonal die eigene klinische Expertise stets weiterentwickelt, andererseits beeinflusst der aktuelle Stand der Forschung auch immer die Lehre – mit dem Ziel, evidenzbasierte Inhalte zu vermitteln.

Meine Motivation speist sich im Wesentlichen daraus, die Zahnmedizin und insbesondere die Menschen, mit denen ich in meinem Fach zu tun habe, voranzubringen. Das betrifft zunächst natürlich die Studierenden, die wir mit einer möglichst umfassenden Ausbildung in die Praxis entlassen wollen. Dazu müssen aber viele Zahnräder in einem größeren System gut ineinandergreifen: Kompetente, engagierte und motivierte Zahnmedizinische Fachangestellte sind für den universitären Betrieb ebenso unverzichtbar wie für die Praxis.

Die ärztlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in den Lehrbetrieb eingebunden sind, müssen die Möglichkeit haben, ihre klinischen Kompetenzen bestmöglich zu entwickeln, sie müssen mit dem aktuellen Stand der Forschung vertraut sein, didaktische Fähigkeiten entwickeln und zugleich müssen sich alle im Team immer wieder darauf kalibrieren, die Abläufe in der Ausbildung zu standardisieren, sodass die Studierenden die Konzepte kennen und sich damit sicher fühlen. Somit kommt der internen Mitarbeiterfortbildung eine besondere Bedeutung zu. Einige der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen streben selbst eine universitäre Laufbahn an, somit spielen Nachwuchsförderung, Mentoring, Forschungstätigkeit und die Begleitung akademischer Karrieren ebenso eine Rolle. Wissenschaftliches Arbeiten bringt uns fachlich voran. Fragestellungen aus der Klinik ins Labor zu tragen und Ergebnisse aus dem Labor wiederum in die Klinik zu bringen, bietet ungleich mehr Potenzial für unser Fach als eine von der Klinik losgelöste Grundlagenforschung. Im Forschungsbereich geben wir Doktorandinnen und Doktoranden die Möglichkeit, wissenschaftliche Kompetenz, die auch in der Praxis von Nutzen sein kann, zu entwickeln und zu vertiefen.

BZB: Der Zahnarztberuf unterliegt einem ständigen Wandel. Wo sehen Sie momentan die größten Problemfelder und den meisten Handlungsbedarf für die Standespolitik?

Galler: Ein wesentlicher Wandel ergab und ergibt sich für die Hochschulen durch die neue zahnärztliche Approbationsordnung, die seit Oktober 2021 umgesetzt wird. Die Umstellung des Curriculum macht es erforderlich, auch die Lehrformen grundlegend zu überdenken. Im Fokus steht der/die „berufsfertige“ Zahnarzt beziehungsweise Zahnärztin. Durch den technischen Fortschritt, die Weiterentwicklung und Vervielfältigung der diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten sowie der verwendeten Materialien, durch die Einführung komplexerer Technologien und auch durch die Digitalisierung ist unsere berufliche Tätigkeit ebenfalls vielfältiger und anspruchsvoller geworden. Der Trend zur Schwerpunktbildung oder Spezialisierung spiegelt dies ja deutlich wider.

Neben der Kernkompetenz, Patienten adäquat zu versorgen, beinhaltet unser Berufsbild heutzutage aber noch mehr: Laut dem neuen Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog Zahnmedizin (NKLZ) ist ein zahnmedizinischer Experte zugleich auch Kommunikator, Gelehrter, Verantwortungsträger und Manager, professionell Handelnder, Gesundheitsberater und Mitglied in einem Team. Zudem stellen uns die steigenden Anforderungen in den Bereichen wirtschaftliche Praxisführung, Qualitätsmanagement und Hygiene vor weitere Herausforderungen. All diese Kompetenzen innerhalb weniger Semester im klinischen Studienabschnitt zu vermitteln, ist selbst bei exzellenter Ausbildung kaum möglich.

Insofern sehe ich eine Herausforderung für die Standespolitik darin, gegebenenfalls auch in Zusammenarbeit mit den Universitäten und den wissenschaftlichen Fachgesellschaften adäquate Fortbildungsangebote für junge Kolleginnen und Kollegen zu konzipieren oder weiterzuentwickeln und somit eine qualitätsgesicherte Weiterbildung zu ermöglichen. Ein Schulterschluss zwischen Universität und Standespolitik kann auch in diesem Zusammenhang hilfreich sein.

BZB: Ihre Amtszeit geht vorerst bis 2026. Welche Ziele möchten Sie bis dahin erreichen?

Galler: Im Rahmen der neuen zahnärztlichen Approbationsordnung ist eine vierwöchige Famulatur der Studierenden in der Praxis vorgesehen. Konzept und Vertragsgestaltung dafür wurden von den bayerischen Hochschulen und der BLZK gemeinsam erarbeitet und werden nun bald in die Umsetzung gehen. Dabei sind auch eine Qualitätssicherung sowie ein Evaluations- und Feedback-System vorgesehen. Des Weiteren sollen Praxen, die Studierende für eine Famulatur aufnehmen möchten, über die BLZK sichtbar werden, insbesondere über die Website. Dieses neue Element der Ausbildung, das an der Schnittstelle von Hochschule und Zahnärztekammern liegt, bestmöglich voranzubringen, ist ein konkretes Ziel bis 2026.

Ansonsten sehe ich meine Aufgabe darin, die Belange und Themen der Hochschule in die Standespolitik zu tragen. Ein wechselseitiges Verständnis für die Herausforderungen in den verschiedenen Bereichen halte ich für ein zentrales Element. Es gilt, gemeinsam an einem Strang zu ziehen, um sowohl die Ausbildung als auch die Berufstätigkeit im Fachbereich Zahnmedizin weiterhin attraktiv zu gestalten und eine bestmögliche Patientenversorgung zu gewährleisten.

Vollständiger Artikel aus dem BZB

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