10/31/2023 | Nachrichten | BLZK

Patient hat Recht auf unentgeltliche erste Kopie der Patientenakte

Bereits im Frühjahr 2020 hatte das Landgericht Dresden rechtskräftig entschieden, dass eine Patientin gegen die sie behandelnde Klinik einen unentgeltlichen Anspruch auf Kopien sämtlicher Behandlungsdaten hat. Dem folgten ebenfalls weitere unterinstanzliche Gerichte.

Nun hatte der Bundesgerichtshof (BGH) die Frage dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Klärung vorgelegt. Der EuGH sollte klären, ob ein Anspruch auf kostenlose Auskunft auch bei einem datenschutzfremden, aber legitimen Zweck besteht - im vorgelegten Fall die Prüfung arzthaftungsrechtlicher Ansprüche.

Hintergrund der Vorlage vor dem EuGH sind die sich wiedersprechenden Regelungen des § 630g BGB sowie Art. 15 Abs. 3 DSGVO.

§ 630g BGB regelt, dass dem Patienten auf Verlangen unverzüglich Einsicht in die vollständige, ihn betreffende Patientenakte zu gewähren ist, soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen. Die Ablehnung der Einsichtnahme ist zu begründen. Der Patient kann auch elektronische Abschriften von der Patientenakte verlangen. Er hat dem Behandelnden die entstandenen Kosten zu erstatten.

Demgegenüber steht das Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO, wonach der Verantwortliche eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung stellt. Für alle weiteren Kopien, die die betroffene Person beantragt, kann der Verantwortliche ein angemessenes Entgelt auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen. Stellt die betroffene Person den Antrag elektronisch, so sind die Informationen in einem gängigen elektronischen Format zur Verfügung zu stellen, sofern sie nichts anderes angibt.

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 26.10.2023 – C-307/22 nun festgestellt, dass Patienten nach der DSGVO ein Recht auf erste Kopie zustehen soll, ohne dass ihnen hierdurch Kosten entstehen und ohne dass sie ihren Antrag begründen müssen.

Dieses Recht umfasst laut EuGH den Erhalt einer vollständigen Kopie der Dokumente, die sich in der Patientenakte befinden um eine Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Daten zu ermöglichen und die Verständlichkeit der Daten zu gewährleisten, wie beispielsweise Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde der behandelnden Ärzte und Angaben zu an ihr vorgenommenen Behandlungen oder Eingriffen.

Nach Klärung der Frage durch den EuGH muss nun der BGH nach Maßgabe dieses Urteils entscheiden.

EuGH-Urteil vom 26.10.2023 – C-307/22

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