08/15/2025 | Nachrichten | Bayerischer Zahnaerztetag

Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft

Prof. Dr. Dr. Peter Proff zum 66. Bayerischen Zahnärztetag

Der 66. Bayerische Zahnärztetag im Oktober befasst sich mit den Fortschritten der Zahnheilkunde in Bayern. Beim Konzept beschritt Prof. Dr. Johannes Einwag, Referent Fortbildung der Bayerischen Landeszahnärztekammer und Wissenschaftlicher Leiter Bayerischer Zahnärztetag, neue Wege: Im Fokus stehen die verschiedenen Teilbereiche der Zahnmedizin. Jeder Themenblock besteht aus den Bausteinen Anmoderation – Fachvortrag – Fallvorstellung und wird präsentiert von einem Referenten-Trio. In einer vierteiligen Interviewstrecke skizzieren Vertreter der zahnmedizinischen Universitätsstandorte Erlangen, München, Regensburg und Würzburg ihre Schwerpunkte. Das dritte Gespräch führten wir mit Prof. Dr. Dr. Peter Proff, Direktor der Poliklinik für Kieferorthopädie am Universitätsklinikum Regensburg.

Einwag: Lieber Peter, beim Bayerischen Zahnärztetag im Oktober wirst du zum Thema „Kieferorthopädie und Gesundheit“ sprechen. Worum genau geht es in deinem Referat?

Proff: Die Kieferorthopädie ist ein unverzichtbarer und integraler Bestandteil eines umfassenden, synoptischen, zahnärztlichen und ärztlichen Versorgungskonzeptes, da die präventive und korrektive Behandlung von Fehlfunktionen, Zahnfehlstellungen und Kieferfehlstellungen nicht nur die Gesundheit des stomatognathen Systems sichert und wiederherstellt, sondern auch zu positiven Effekten für die Mundgesundheit und die Funktion des Gesamtorganismus führt. Im Referat werden diese näher besprochen. 

Einwag: Den Themenblock „Kieferorthopädie“ wird Prof. Dr. Ingrid Rudzki aus München moderieren. Was verbindet euch beide?

Proff: Uns beide verbindet die Kieferorthopädie oder wie Frau Prof. Dr. Rudzki sagen würde: „Das schönste Fach der Welt!“ und natürlich eine langjährige Freundschaft. Professor Rudzki hat bereits meine Habilitation begutachtet, und ich durfte von ihr sehr viel lernen und ihren klugen Rat zu jeder Zeit erbitten. Sie lebt täglich vor, dass Kieferorthopädie nicht nur als Beruf, sondern als Berufung zu verstehen ist. Nach wie vor unterstützt sie uns mit großer und umfassender Expertise im Bayerischen Weiterbildungscurriculum Kieferorthopädie als Dozentin und als Mentorin einiger meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Viele Jahre sind wir nun auch schon im Vorstand des Vereines zur Förderung der wissenschaftlichen Zahnheilkunde in Bayern e.V. tätig, der 1979 von Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. mult. Dieter Schlegel und Prof. Dr. Ingrid Rudzki gegründet wurde. Die jetzt von Prof. Dr. Dr. Karl Andreas Schlegel geleiteten exzellenten Sommerund Winterfortbildungen bereichern immer mit aktuellen Themen und fördern den so wertvollen fachlichen und kollegialen Austausch.

2017 haben wir ein gemeinsames Buch zur „Kieferorthopädischen Retention“ herausgegeben, bei dem die nächste Auflage ansteht. Das interdisziplinär zeitgemäß gewählte Thema betrifft alle Bereiche der Zahn-, Mundund Kieferheilkunde, denn unsere Patienten finden sich inzwischen in zehn Lebensdekaden. Das ist zweifellos der steigenden Mundgesundheit zu verdanken und der dominierenden personalisierten Diagnostik und Therapie. Es gibt noch viele gemeinsame Projekte und gute Ideen von uns beiden rund um die Kieferorthopädie. Impavidi progrediamur!

Einwag: Nach deinem Vortrag stellt Priv.-Doz. Dr. Eva Paddenberg-Schubert aus Regensburg einen besonderen Fall vor, der aus heutiger Sicht noch keine Routinebehandlung ist. Was macht dieses Praxisbeispiel so interessant?

Proff: Eine optimale funktionelle und ästhetische Rehabilitation fordert von der Kieferorthopädie ein komplexes Behandlungsmanagement gemeinsam mit den zahnmedizinischen und medizinischen Disziplinen. Je nach den patientenindividuellen Gegebenheiten müssen in einer medizinisch sinnvollen Reihenfolge bestimmte Behandlungsaufgaben und Problemstellungen interdisziplinär gelöst werden. Unsere Oberärztin Priv.-Doz. Dr. Paddenberg-Schubert zeigt an einem komplexen Fall, was heutzutage durch ein abgestimmtes synoptisches Konzept möglich ist.

Einwag: Wenn du einige Jahre in die Zukunft blickst: Wohin wird sich die Zahnheilkunde in Bayern entwickeln? Was zeichnet sich insbesondere in deinem Fachgebiet, der Kieferorthopädie, ab?

Proff: Die Zahn-, Mundund Kieferheilkunde ist in Bayern sehr gut aufgestellt und die zahnmedizinische Versorgung der Bevölkerung momentan noch auf einem sehr hohen Niveau. Die Ausbildung der Studierenden an den vier bayerischen Universitätsstandorten ist ebenfalls sehr gut. Sie berücksichtigt den Fortschritt und die aktuellen Entwicklungen in den verschiedenen Fachdisziplinen. Nach zwölf Jahren Tätigkeit als Studiendekan Zahnmedizin der Universität Regensburg kann ich sagen, dass in Bayern und gerade in Regensburg viele Studierende aus der Region (Oberpfalz, Niederbayern, Mittelfranken, Oberfranken) für die Region ausgebildet werden.

Damit dies so bleibt, müssen die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen. Die Freiberuflichkeit muss als hohes Gut gewahrt, die eigene Niederlassung oder die Übernahme einer Praxis attraktiv bleiben. Hier sehe ich bereits seit geraumer Zeit durch überbordende Bürokratie, Budgetierung, Mangel an Assistenzpersonal et cetera eine ungünstige Entwicklung. Diese muss politisch gestoppt werden, solange das noch möglich ist.

Die gute Zusammenarbeit zwischen den bayerischen Universitätsstandorten und den zahnmedizinischen Körperschaften hat Tradition. Im Vorstand der Bayerischen Landeszahnärztekammer sitzt immer ein Vertreter der bayerischen ZMK-Hochschullehrer, und einmal im Jahr treffen sich die ZMK-Hochschullehrer aller Standorte in Bayern mit den erweiterten Vorständen der Körperschaften. Bei diesem kollegialen Austausch werden Angelegenheiten und Bedürfnisse der Zahn-, Mundund Kieferheilkunde besprochen und gemeinsame Lösungsstrategien erörtert.

In der Kieferorthopädie sind wir bei der Weiterbildung zum Fachzahnarzt mit dem Bayerischen Curriculum sehr gut aufgestellt. Nach über einem Jahrzehnt Vorsitz im Prüfungsausschuss für die Facharztprüfung Kieferorthopädie in Bayern kann ich mich regelmäßig über gute und sehr gute Prüfungsleistungen freuen. Die Qualität der Weiterbildung ist eine wichtige Investition in die Zukunft und kommt letztlich unseren Patientinnen und Patienten in Bayern zugute. Dafür setze ich mich auch als Referent Kieferorthopädie der BLZK ein.

Ansonsten wenden wir – wie in der gesamten Zahnheilkunde – auch in der Kieferorthopädie zunehmend digitale Technologien an, die zwar die Patientenbehandlung unterstützen, aber auch in Zukunft nicht den fundiert ausgebildeten und erfahrenen Kliniker ersetzen können.

Das Interview führte Prof. Dr. Johannes Einwag, Referent Fortbildung der Bayerischen Landeszahnärztekammer und Wissenschaftlicher Leiter Bayerischer Zahnärztetag.


Artikel aus dem BZB 7-8/2025 als E-Paper

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66. Bayerischer Zahnärztetag 2025

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